Sensorische Integration (SI) ist die sinnvolle Ordnung, Aufgliederung und Verarbeitung von Sinneserregungen im zentralen Nervensystem (ZNS), um dem Menschen eine adäquate Auseinandersetzung mit seiner Umwelt zu ermöglichen. Sinneswahrnehmungen erreichen in jedem Augenblick unser ZNS.
Nicht nur von den Augen (Sehsinn), den Ohren (Hörsinn), der Nase (Geruchssinn) und der Zunge (Geschmackssinn) fließen uns Informationen zu, sondern auch über Berührung (taktiles System), Bewegung, Schwerkraft und Körperstellungen (vestibuläres und propriozeptives System).
Für jede Handlung benötigen wir eine gute Organisation von Sinneswahrnehmungen. Erfolgt der Fluss der Empfindungen unorganisiert, d. h. im ZNS findet keine entsprechende Verarbeitung statt, so kann keine zielgerichtete und geplante Handlung auf die Umweltreize hervorgebracht
werden.
Welche Symptome können auf eine Störung der Sensorischen Integration hinweisen?
Kinder mit einer SI-Störung weisen oft keine eindeutigen neurologischen Funktionsverluste auf. Häufig zeigen sie folgende typische Symptome:
Im Säuglingsalter
- Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Saug- und Schluckprobleme in Kombination mit Säuglingskoliken
- Übermäßige Unruhe mit Schreiattacken bzw. auffallend geringe Aktivität
- Irritation/Abwehr auf Lageveränderungen
- Irritation/Abwehr auf Berührung
Im Kleinkind- bzw. Schulalter
- verzögerte motorische Entwicklung
- „ungeschickte“ Kinder
- mangelndes Selbstbewusstsein und Körperbewusstsein
- verzögerte Sprachentwicklung
- Geräuschempfindlichkeiten
- Verhaltensauffälligkeiten
- Anpassungsschwierigkeiten an neue Situationen
- Hyperaktivität oder Passivität
- Teilleistungsstörungen bzw. Lernstörungen
- Feinmotorikstörungen
Wer erkennt eine SI-Dysfunktion? Wer behandelt sie?
- den Eltern
- dem Kinderarzt durch die Vorsorgeuntersuchungen
- im Kindergarten oder der Schule
Die genaue Befunderhebung (Evaluationsprozess) erfolgt durch einen in der SI-Therapie ausgebildeten Therapeuten. Nach der ärztlichen und psychologischen Entwicklungsdiagnostik schließt die therapeutische Diagnostik an. Anhand klinischer Beobachtungen, Auswertung eines Elternfragebogens und Gesprächen sowie spezieller SI-Testverfahren werden nach ca. 4- 5 Therapiestunden alle Untersuchungsergebnisse zusammengetragen, dokumentiert und
interpretiert, um individuelle Behandlungsziele und -absichten aufzustellen.
Die Behandlung wird hauptsächlich von Ergotherapeuten/innen und Krankengymnasten/innen mit einer Zusatzausbildung in der SI-Therapie durchgeführt. Die Therapie findet 1-2x wöchentlich statt und dauert zwischen 6 Monaten und 2 Jahren.
Wie sieht die Behandlung einer SI-Störung aus? Welche Hauptziele werden verfolgt?
Der SI-Raum ist ähnlich wie ein Spielplatz ausgestattet. So gibt es z.B. verschiedene – insbesondere aufgehängte – Geräte, einen gepolsterten, unebenen Boden und unterschiedliche Klettermöglichkeiten. Dem Kind wird hier die Möglichkeit geboten, eine Fülle an Sinneserfahrungen zu sammeln und diese sinnvoll miteinander zu verknüpfen, vor allem aber im vestibulären, propriozeptiven und taktilen Bereich. Mit Unterstützung des/der Therapeuten/in erfährt das Kind Erfolg und kann somit Selbstbewusstsein und Selbständigkeit entwickeln. Dies und eine spielerische Atmosphäre (für das Kind bedeutet Therapie=“Spiel“) sind nötig, um eine optimale Motivation zu erreichen. Denn ein motiviertes, interessiertes Kind hat
deutlich mehr Lernerfolge.
Die Therapie ist dem individuellen Entwicklungsstand angepasst und richtet sich nach den Bedürfnissen des Kindes. Spezielle Einzelleistungen werden nicht trainiert während der SI-Stunden.
Das Ziel der Therapie ist eine gute Wahrnehmung und Verarbeitung der Eigenwahrnehmung und Tiefenwahrnehmung, des Gleichgewichtes und der Berührung sowie eine Verknüpfung mit den anderen Sinnen als Basis für ökonomisches Lernen. Gezielte Reizangebote helfen dem Kind, aktiv zu handeln und zu erforschen, um somit seine neurologische Organisation reifer und effektiver zu gestalten.
Wichtige Therapieziele sind außerdem:
- Handlungsplanung und Bewegungskoordination
- Aufrichtung des Körpers im Raum
- Zusammenspiel von Auge und Hand
- Einbezug von Sprache, Kommunikation, Selbständigkeit und sozialer Kompetenz